... Lernen in Neckarbischofsheim

Finnland

dav
sdr

Freitag – 27.09.2019

Es ist so weit. Der letzte Tag ist angebrochen. Der letzte Tag unseres Abenteuers „Finnland“. Auch wenn es noch keiner ausspricht kann man spüren, dass Abschiedsstimmung herrscht. Ein letztes Mal Aufstehen, um in Nykarleby zur Schule zu gehen. Heute steht unser großes Projekt an, das traditionell jedes Jahr von den Heilerziehungspflegeschülern aus Deutschland vorbereitet wird. Unsere Idee war es, zusammen mit den Schülern einen Baum zu pflanzen. Eine schöne Vorstellung, dass schon bald Äpfel daran reifen werden, die die Schüler dann essen können und sich gleichzeitig an unsere gemeinsame Zeit erinnern können.
Wir alle hatten auf dem Schulweg mehr als die Hände voll (, denn wir hatten ja wirklich viel Material mitzuschleppen – Steine, Gießkannen, Farben, Pinsel, Bastelmaterial, Gastgeschenke, und, und, und…). Als wir in der Schule angekommen sind, gab es wie immer erst mal Kaffee. Und danach waren wir auch schon an der Reihe. Nachdem wir den Schülern gesagt haben, was wir vorhatten, wurden alle in drei Gruppen eingeteilt.
Die erste Gruppe hat den Baum, den wir bereits einige Tage zuvor ausgesucht und gekauft hatten, mit dem Auto abgeholt. Der Rest der Gruppe hat das Loch gegraben, in dem der Baum gepflanzt werden sollte. Die zweite Gruppe hat das Schild gezimmert, das später vor dem Baum angebracht werden sollte. Auch dieses haben wir die Tage zuvor schon teilweise vorbereitet, sodass wir heute nicht den ganzen Tag damit verbringen würden. Auf dem Schild sind jetzt die finnische und deutsche Flagge zu sehen und außerdem eine kleine Weisheit, auf Schwedisch und deutsch: „Aus kleinen Samen wachsen mächtige Bäume“. Darunter ist noch der Hinweis angebracht, dass der Baum im Rahmen des Erasmus+-Projektes gepflanzt wurde. In der dritten Gruppe wurden fleißig Steine und Gießkannen bemalt und verziert, die man dann später um den Baum herum legen konnte.
Zum eigentlichen Einpflanzen des Baumes waren alle Schüler und Lehrer dabei. Abschließend für unsere Zeit in Nykarleby haben wir noch eine kleine Rede gehalten, um „Danke“ zu sagen und um die Symbolik des Baumes hervorzuheben. Der Schultag neigte sich dem Ende zu und es wurde Zeit, um Lebewohl zu sagen zu allen, die wir in der kurzen Zeit doch schon sehr ins Herz geschlossen haben.
Zum Abendessen haben wir uns heute Abend nochmal Pizza geholt, aus der Pizzeria, die wir im Lauf der Zeit hier entdeckt hatten – zum Glück! Jetzt wird es Zeit unsere sieben Sachen zu packen, vielleicht auch eher 17 oder 70 Sachen.
Abschließend können wir sagen, dass es eine unvergessliche Zeit hier in Finnland, Nykarleby war, die uns keiner mehr nehmen kann. Wir haben mehr dazu gelernt, als wir je beschreiben könnten und gehen jetzt zurück nach Hause mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

 

Donnerstag – 19.09.2019

Heute war ein besonderer Arbeitstag. Wir alle vier waren morgens zusammen in der Schule, und das hatte einen Grund: Heute war die gesamte Schule auf einem Ausflug. Aber davor hieß es noch für uns: das erste gemeinsame Frühstück (ja richtig gelesen! Am 14. Tag unseres Abenteuers haben wir das erste gemeinsame Frühstück in unserer Unterkunft organisiert). Christof, unser Lehrer, kam nämlich heute Nacht, um uns zu besuchen.
In der Schule wurde dann noch kurz das Organisatorische besprochen, Sandwiches für alle eingepackt, und nach kurzer Anwesenheitskontrolle ging es auch schon los. Mit einem großen Bus sind wir durch den Wald und ans Meer gefahren, um dort zu wandern. Das Wetter war zwar kalt und immer wieder hat es etwas geregnet, aber wir sind ja schließlich nicht aus Zucker und es hätte allemal schlimmer sein können.
Durch wunderschöne Waldgebiete sind wir dann über Stock und Stein gewandert. Der erste Halt wurde an einer kleinen Holzhütte gemacht (Extremsportlerin Desiree war schon überaus angestrengt im Gegensatz zu den Schülern, die allesamt Spaß zu haben schienen). Dort gab es Sandwiches und Getränke für alle, dank Tina, die alle Schüler jeden Tag mit Essen und Trinken versorgt. Danach ging es dann wieder auf den Rückweg. Elin, eine Schülerin, zeigte mir verschiedene Beeren, die oft am Wegrand wachsen. Die waren auch essbar, wenn auch nicht immer unbedingt lecker. Nur Max hatte leider weniger Erfolg im Beeren suchen, weshalb er dann auch die nötige Unterstützung bekommen hat.
Bevor wir dann wieder in den Bus gestiegen sind wurde noch gegrillt. Verschiedene Salate, Würstchen, „Trinkerle“ wurden aufgetischt. Zusätzlich gab es zum Nachtisch noch Kaffee und Gebäck. Das alles durften die Schüler, die Lehrer und wir an einem schönen bewaldeten Platz zu uns nehmen. Von dort war es auch nicht weit vom Meer. Die Gelegenheit haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen und haben uns das Ganze angeschaut bis uns förmlich die Zähne zu klappern begannen.
Der Ausflug war alles in Allem sehr schön und wir sind froh, dass wir dabei sein durften. Abends wurden wir dann auch noch von Christof eingeladen zum Essen. Auch Sixten (der ehemalige Rektor der Schule), Boris (Gruppenleiter in Jakobstad) und Petter (Lehrer in Nykarleby) waren dabei. Wir hatten sehr nette Gespräche und außerdem waren wir danach mal wieder so richtig satt – Pizza war sehr gut.

Mittwoch – 18.09.2019

Desiree
Fit und mehr oder weniger ausgeschlafen machten Ronja und ich uns heute auf den Weg zur Schule. Und dort gab es dann wie jeden Tag erst mal Kaffee und Tee. So beginnen gute Arbeitstage. Den Schultag durfte ich heute mit Lehrerin Kerstin verbringen. Begonnen hat der Unterricht mit: Schwedisch. Dort sollten die Schüler mit Computern und meiner Hilfe Unterschiede zwischen Finnland und Deutschland erarbeiten. Jeder hatte ein anderes Thema, das er bearbeiten sollte. Ein Schüler hat die zwei Flaggen, Population, politisches Oberhaupt und Hauptstadt gegenübergestellt. Ein anderer hat einen finnischen und einen deutschen Rapper im Internet gefunden. Zusammen mit Robin habe ich ein paar Vokabeln, wie zum Beispiel „Schule = skola“, übersetzt. Ein anderer Schüler hat die Unterschiede in der Natur aufgezeigt (welche Bäume und Tiere gibt es in Finnland und welche in Deutschland?). Das nächste Fach war Finnisch. Da wir uns hier in einem Schwedisch-sprachigen Teil von Finnland befinden, ist finnisch eine Fremdsprache. Auch hier haben die Schüler mit Computern gearbeitet. Sie hatten die Aufgabe, einen virtuellen Einkaufskorb mit den Dingen zu füllen, die auch auf dem virtuellen, finnischen Einkaufszettel standen. Anschließend sollten sie den aufgezeigten Preis passend mit dem natürlich auch virtuellen Geld bezahlen. Wie man sieht, lernen die Schüler also nicht nur eine andere Sprache, sondern auch den Umgang mit Medien. Darüber hinaus wird das Verständnis für Geld gelehrt. So lernt man also wirklich was für’s Leben. Am besten fand ich heute den Mathe-Unterricht (ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde…). Unterricht im Freien! Jeder hatte Arbeitsblätter, auf denen Orte auf dem Schulgelände abgebildet waren. Darunter jeweils eine Rechenaufgabe. Beispielsweise sollten die Schüler die Länge, Breite und Höhe eines Müll-Containers aufschreiben und das Volumen anschließend mit dem Taschenrechner ausrechnen. Eine andere Aufgabe war es, die Zeit, die man einmal um den Fußballplatz herum braucht, festzuhalten. Es ging also nicht etwa darum, die Fähigkeiten im Kopfrechnen zu verbessern, sondern darum, wie man den Taschenrechner richtig bedient und was man alles braucht, wenn man das Volumen berechnen will. Was ist die Länge? Wie geht das denn mit dem richtigen Messen? … Außerdem denke ich, dass das Selber-Machen einen größeren Lerneffekt mit sich bringt als die trockene Theorie im Klassenzimmer, die man sonst so von Mathe kennt. Das Ganze kann also auch wirklich Spaß machen!
Nach der Schule waren Ronja und ich einkaufen – wer hätte das gedacht… Weil morgen unser Lehrer Christof zu Besuch kommt, wollen wir ihm natürlich ein gutes Frühstück bereiten *Freude*!


Ronja:

In den frühen Morgenstunden machten Desiree und ich uns auf den Weg zur Schule, heute ohne Regen. Wir begannen unseren Mittwochmorgen wieder in geselliger Runde beim Kaffee trinken. Heute stand für mich Trä = Holzarbeit mit Petter auf dem Plan. Um 8:30Uhr sammelten wir uns im Arbeitsraum mit den Schülern, 5 Schüler an der Zahl. Einer der Schüler machte ein Buttermesser, der andere eine Brotaufbewahrungsbox, eine Schülerin machte ein Vogelhaus und wieder ein anderer Schüler machte sich eine Ledertasche, für sein Messer dass er sich selbst gemacht hatte. Petter warnte mich zu beginn gleich vor, dass es eventuell etwas langweilig sein könnte…da die wenigsten Hilfe benötigen bei ihrer Arbeit. Das Vogelhaus und die Ledertasche für das Messer wurden im Laufe des Tages fertig gestellt. In der letzten Stunde, haben wir noch ein kleines Lernspiel gespielt. Petter hatte Karten auf denen verschiedene Werkzeuge und deren Namen abgebildet waren. Als erstes hat er nur den Namen vorgelesen und der genannte Schüler musste dann das entsprechende Werkzeug suchen, falls er es nicht gefunden hat, hat Petter ihn durch das Zeigen des Bildes unterstützt. Nun war auch ich an der Reihe… 1. Herausforderung das richtige Werkzeug überhaupt zu finden 2. Dass es auf schwedisch genannt wurde
Mein Werkzeug „Plasthammer“ – einfacher als gedacht, war natürlich der Kunststoffhammer den ich auf Anhieb gefunden habe ! Da die Schüler am Ende des Monats in ihr mehrwöchiges Praktikum einsteigen, haben wir zum Schluss noch besprochen, was hierfür wichtig ist. Zum Beispiel, Pünktlichkeit, angemessene Kleidung und auch Körperhygiene, freundlich zu sein usw.
Um 14:15Uhr war dann auch der Schultag schon wieder zu Ende???? Uuuuuuuund heute kommt Christof… wir alle freuen uns so sehr!

Philipp

Der Tag begann mit Schmerzen in den Ellenbogen. Trotzdem mühte ich mich zum Boarding Haus. Als ich dann an kam sah ich, dass Anne-Marie und Kenneth Dienst haben. Toll hab ich mir gedacht. Die zwei die am wenigsten Englisch konnten hatten mit mir Dienst. Aber es lief trotzdem gut. Teilweise habe ich auch das Schwedische von Kenneth verstanden. Es stande eigentlich Fitnessstudio für Anton auf dem Programm. Da hätte ich mitgehen sollen. Aber Anton war auf einmal spurlos verschwunden. Er tauchte erst wieder auf, als das Fitnessstudio schon geschlossen hatte. Anstatt dessen hab ich mit Elin und Ville Brettspiele gespielt, geholfen ihre Zimmer zu putzen und gespült.
Das war im Großen und ganzen mein Tag.
Max:
Neuer Tag im Boardinghouse – nach ein paar organisatorischen Gesprächen in der Schule ging es zurück ins Boardinghouse. Ich half Niklas dabei, sein Zimmer zu reinigen. Zimmer reinigen geht auch bei Niklas so wie in Deutschland. Später ging es zum Bowling nach Jakobstad. Zuvor besuchten wir McDonald. Zwei Erkenntnisse zu diesem Tag: Ich bin ein sehr schlechter Bowler und Big Mac finde ich immer noch eklig!. Wieder ein sehr schöner Tag im Boardinghouse!

 

Di - 17.09.2019 - Nykarleby
Desiree
Kalt, nass, windig. So war das Wetter heute Morgen auf dem Weg zur Schule. Ronja und ich konnten uns darüber freuen, dass wir bereits gestern unsere Shoppingtour erledigt hatten. Mein Stundenplan für heute: Kochen! Der Unterricht hat mir wirklich sehr gut gefallen. Die Schüler bekommen Rezepte und Ideen mit, die sie auch im späteren Leben nachkochen können. Darüber hinaus geht es beim Kochen auch um Kommunikation, Interaktion und nicht zuletzt darum, sich um andere zu kümmern. Die Klasse hat heute wirklich köstlich aussehende Dinge zusammengestellt. Hauptsächlich wurde heute gebacken. Von der Biskuitrolle eines Schülers wage ich nur zu träumen (ich backe gerne, aber Biskuit will mir einfach nie gelingen). Eine andere Schülerin kreierte feine Kekse, auf die anschließend Buttercreme und dann geschmolzene Schokolade gezaubert wurden. Das war allerdings nur ein Ausschnitt der So-Gut-Wie-Konditorei.
Nach Schulschluss sind Ronja und ich noch „eben schnell einkaufen“ gegangen. Wir wollten uns heute bei Philipp revanchieren und kochen. Danke Mama, für die Anleitung zum Rotkraut kochen. So gut wie deines schmeckt es noch nicht, da muss ich wohl noch üben. Und nochmal haben wir heute Abend also ein Stückchen Heimat gekostet – Kartoffelbrei mit Rotkraut.
Max
Zweiter Tag im Boardinghouse. War schön, gibt aber nicht viel zu erzählen. Wieder konnte ich die Freiheit die die Menschen haben beobachten und die individuell auf die Personen angepasste Pädagogische Arbeit. Auch schön zu sehen ist die Harmonie und jugendliche Spielerei zwischen den Schülern. Ich half heute einem Menschen mit körperlicher Behinderung beim Putzen und kochen. Toilette putzen geht in Finnland genauso wie in Deutschland. Anschließend verlor ich einige Tischtennismatches, gewann einmal beim Billard und war mit Niklas einkaufen. Später kann noch Philipp, samt dem Boardinghouse in dem er arbeitet vorbei. Wiedermal ein schöner Tag um Finnland und die Menschen die dort wohnen so zu erleben wie es ist und wie sie sind.  

Philipp
Auf dem Weg zum Boardinghaus sind mir fast die Hände eingefroren. Als ich auf mein Handy geschaut habe las ich 6° C. Puh und das ist der finnische Herbst. Aus lauter Neugier googelte ich die Temperatur in Deutschland und hatte sofort Heimweh als ich 18° C las. Naja Augen zu und durch. Schnell rein ins Boardinghaus. Dort wurde ich freudig von einer Schülerin und einem Mitarbeiter begrüßt, der aber nur schwedisch redete. Ich verstand aber so ungefähr was er zu mir sagte. Eigentlich sollte ich nachmittags mit Anton zum Fitnessstudio, aber er war erstmal verschwunden und ist dann allein ins Studio gegangen. In der Zwischenzeit spielte ich Gesellschaftsspiele mit 2 anderen Schülern. Nach dem Abendessen machten wir uns auf dem Weg zum anderen Boardinghouse. Dort spielten wir Tischtennis, Billiard und redeten. Später gings dann wieder in der Kälte zurück.
Ronja

8:10Uhr, in der Schule angekommen. Auf dem Weg zur Schule regnete es… und wer hatte seine neue Regenjacke nicht an? Genau ich!
Dort angekommen haben wir erstmal wieder gemeinsam mit einem Kaffee den Tag begonnen. Hierbei erzählte mir Lena (die Lehrerin, mit der ich meinen Tag verbringen durfte) was heute alles auf dem Plan steht.
Kurz darauf saß ich dann auch schon mit Lena und Kerstin (ebenso eine Lehrerin) und ca. 10 Schülern im Bus und wir führen zu ekorosk, dass ist eine Art Recyclinghof und Mülldeponie. Dort haben wir einen Vortrag über die verschiedenen Arten von Müll gehalten bekommen und wieso es so wichtig ist, diesen zu trennen. (Sofern ich das verstanden habe mit meinen schwedisch Skills, die ich mir in den letzten Tagen erlernt habe) auf jeden Fall handelte der Vortrag über Müll, so viel steht fest. Nach dem Vortrag gab es noch einen sehr coolen Kugelschreiber, für jeden von uns, von dem netten Mann der uns den Vortrag gehalten hatte. Anschließend wurden wir noch über die komplette Anlage geführt, wir haben zugesehen, wie der Holzabfälle zerhexelt wird oder wie der Müll mit einem riesigen Greifarm aufgehoben wurde um ihn dann in eine Zerkleinerungsmaschine hineinzutun.  Als neben uns gerade ein Müllauto, seinen gesammelten Müll geleert hatte, stellten alle mit erschrecken fest, wie fürchterlich es doch stinkt. Ein Mädchen mit Trisomie 21 hätte sich hierbei beinahe erbrochen…
Um 11:00Uhr ging es dann auch wieder zurück. Es gab Mittagessen. Anschließend ging es in den Unterricht, ich hatte immer noch das Gefühl nach Müll zu stinken… hatte den Gestank noch ewig in der Nase. Nach der Kaffeepause ging es zur Sporthalle um dort auf ein paar Trainingsgeräten Übungen zu machen. Lena erklärte mir, dass sie immer 3 Wochen lang unter einem anderen Thema Sport machen. Heute fing das Thema „Trainingsgeräte“ an. Heute war also erstmal das Kennenlernen mit den einzelnen Geräten. Sie meinte auch, dass es heute eher durcheinander zuging, da jeder sich auf jedes Trainingsgerät stürzte und diese auch durchgewechselt wurden binnen weniger Minuten. Nächste Woche, meinte sie, will sie das ganze geordneter angehen und jedem ein Trainingsgerät zuteilen und nach ca.10 min durchwechseln.
Wir gingen auf 14:15Uhr wieder zurück zur Schule gemeinsam mit dem Schulgong kamen wir an. Desiree und ich gingen nach der Schule noch einkaufen… dies zog sich etwas, da wir überhaupt kein Plan hatten, was wir heute Abend zu essen machen sollen. Es stellt sich tatsächlich immer wieder als neue Herausforderung heraus, da wir ja nun mal keinen Backofen haben….
Heute gibt’s also Rotkohl, Kartoffelbrei und Würstchen. Mo - 16.09.2019 – Nykarleby + Jakobstad

Desiree
Der Unterricht begann für mich an diesem Morgen mit Werken mit Holz. Zuerst wurde gemeinsam mit dem Lehrer eine Übersicht für den Tag geschaffen. Dann ging es auch schon los. Die Schüler haben ihre bereits begonnenen Stücke geholt. Dann fiel mir auf, dass jeder eine andere Arbeit macht – ein Schüler hat einen eigenen Löffel aus Holz designt und schleift diesen, ein anderer baut eine Brot-Aufbewahrungskiste. Wieder eine andere Schülerin arbeitet an einem Vogelhaus. Petter, der Lehrer, erklärte mir, dass es natürlich für ihn einfacher und weniger Aufwand wäre, wenn jeder dasselbe tut. Es geht aber um die individuelle Förderung und außerdem um die Interessen der Schüler. Es wurde mir auch angeboten, dass ich ein Buttermesser aus Holz machen darf. Daraufhin bedankte ich mich zuerst einmal für das Angebot und sagte dann, dass ich ungern dafür verantwortlich wäre, wenn irgendwas in die Luft geht… Also besser kein Buttermesser für mich.
Nachmittags war Sport an der Reihe. Ich selbst treibe ja eine Extrem-Sportart (Extrem-Couching) und war deshalb froh, mich neuen Herausforderungen zu stellen. Zu Fuß gingen wir auf das Gelände vom Fitnessstudio, um dort den kostenlosen Außenbereich zu nutzen, bei dem es verschiedene Outdoor-Sportgeräte gibt. So einen schnellen Fußmarsch habe ich nicht mal beim letzten und sicher einzigen Wanderurlaub mitgemacht. Dort angekommen hieß es trotz des kalten Wetters erst mal: Schwitzen! Meine Kondition ist übrigens äußerst gut trainiert von meiner Sportart. Dass ich froh war, als ich nicht beim eigentlichen Sport mitmachen sollte, verrate ich jetzt lieber nicht.
Nach der Schule bin ich mit Ronja gleich mit dem Bus weiter nach Jacobstad gefahren. Wir waren zwar erst am Wochenende da, aber wie das so ist mit den Jungs… Da haben sie Hunger, dann ist ihnen kalt, ihrem Harndrang müssen sie auch ständig nachgehen und dann war die Zeit knapp (Spaß – es war in Wirklichkeit sehr angenehm mit Max und Philipp, wir wollten nur noch mal hin, um shoppen zu gehen.) Abends kamen wir dann mit neuen Errungenschaften zurück und hatten das große Glück, etwas Heimat zu kosten. Philipp hat für alle gekocht – lecker Käsespätzle!
Max
Heute das erste Mal Boardinghouse. Ein Wohnheim für die Schüler unter der Woche. Hört sich an wie ein Internat, ist es aber in keiner Weise! Nettes Personal für die Schüler, viel Freiheit, individuelle Arbeit und nur absolut nachvollziehbare Regeln. An diese hält sich hier wirklich jeder! Der Tag begann wiedermal mit netten Gesprächen mit den Kollegen aus Finnland. Gefällt mir jeden Tag neue Leute kennenzulernen. Vor allem wenn man die selben Interessen teilt. Anschließend wurde ein Fahrrad repariert und dann wurde ich auch schon von Niklas – einem Schüler – zum Essen eingeladen. Er wohnt in einer WG mit einem anderem Schüler zusammen. Es gibt 2er WGs, kleine Einzimmerwohnungen und ein Wohnhaus, wo die Schüler gemeinsam wohnen. Alles betreut von 2 Mitarbeitern. Niklas bekochte mich vorzüglich und sehr gastfreundlich. Es gab Nuggets und Pommes. Lecker! Aber Niklas kann wirklich gut kochen, auch frisch. Muss er auch. Sich selbst zu versorgen ist eine kleine Voraussetzung für ihn, um in eine Einzimmerwohnung zu ziehen. Der nächste Schritt ist dann eine Wohnung in Nykarleby, abseits der Schule und anschließend möchte er alleine und ganz und gar unabhängig wohnen. Nachdem ich Niklas Gastfreundlichkeit genossen habe, stand noch etwas besonderes auf dem Programm! Indoor Hockey! Der finnische Nationalsport Eishockey wird Menschen mit Behinderung nicht vorenthalten. Im eingeschlafenen Dörfchen Nykarleby finden sich in der Schulsporthalle jeden Monat eine ganze Menge Menschen mit Behinderung zusammen, um in Eishockey zu spielen. Jedoch nicht auf dem Eis, sondern in Sportschuhen. Es ging wirklich zur Sache! Schnelles Spiel. Machte Spaß zuzusehen und mitzuspielen.
Philipp
Ronja
Auf dem Weg zur Schule musste ich schnell feststelle, dass es draußen ziemlich kalt ist und meine neu erworbene Regenjacke aus Jakobstad nicht für dieses Wetter geeignet ist.
In der Schule angekommen, habe ich erstmal mit den Lehrern und Lehrerinnen gemeinsam Kaffee getrunken. Das wird hier jeden morgen gemacht, die meisten Lehrer*innen kommen schon gegen 8:00Uhr in die Schule um dann gemeinsam Kaffee zu trinken, finde ich eine sehr schöne Art den Tag einzuleiten bzw. zu beginnen. Für mich stand Heute Kochen mit Anna auf dem Plan. Von 8:30Uhr-12:45Uhr waren wir in der Küche. Ich durfte helfen finnische Kardamom Rollen zu machen. Diese wurden um 12:45Uhr zum Kaffee angeboten…sie schmeckten wirklich gut. Anschließend ging es noch ins Jobtraining mit Anna, dort haben wir Blätter in Glassichtfolien gemacht oder aus alten Büchern die Seiten rausgerissen. Die Schüller sollen dort die „Büroarbeit“ kennenlernen. Um 14:15Uhr hatten Desiree und ich Schule aus. Wir beschlossen schon beim gemeinsamen Kaffee trinken um 12:45, dass wir direkt nach der Schule einen Bus nach Jakobstad nehmen. Denn wir hatten am Sonntag gesehen, dass es dort einen H&M hat. Um 14:35Uhr kam unser Bus und wir fuhren nach Jakobstad. Sehr schön wars, die Finnen machen einfach guten Kaffee und gute Süßestücklen! Um 18:15Uhr nahmen wir den Bus zurück nach Nykarleby. (war auch der letzte an diesem Tag der nach Nykarleby fährt…)

 

 

Nach dem ereignislosen Samstag beschlossen wir den Sonntag nicht der Langeweile zu überlassen. Also, ein Ausflug nach Jakobstadt! Es war alles geplant, Buszeiten, Kosten, usw. Also standen wir rechtzeitig auf, machten uns fertig und dann, beim Öffnen der Rollladen – Regen, Wind, Sturm. Der konnte uns aber nicht bremsen. Also Regenjacken an und auf gings. Angekommen in Jakobstad kam dann die ernüchternde Erkenntnis, dass hier auch nichts los war. Mittlerweile ist der starke Regen in feine Spritzer übergangen, die einem durchgehend in das Gesicht tröpfelten. Das bei gefühlter Temperatur von kurz vor dem Gefrierpunkt. Das störte uns aber nicht. Immerhin sind wir in Skandinavien! Nach ein paar Minuten fanden wir endlich ein Geschäft das geöffnet hatte. Zwar war es das einzige, hatte aber alles zu bieten, was man sich wünschen konnte. Also war shoppen angesagt. Danach gab es einen Kaffee und einen Spaziergang durch den wunderschönen Schulgarten in Jakobstad – sehr zu empfehlen!                                                                                         

Auf dem Rückweg stieg ich, Max, an der ersten Bushaltestelle Nykarlebys aus. In Finnland leben ungefähr 100000 Elche. Vermutlich möchte jeder der das Land besucht einen Elch in freier Natur sehen. Die wenigsten vermutlich möchten jedoch etwas dafür machen einen zu sehen und warten darauf, dass ein Elch gemeinsam mit in den Bus einsteigt, oder an der Kasse im Supermarkt steht. Ich bin anders, also habe ich mir einen grandiosen Meisterplan überlegt, welche wie folgt aussehen sollte: Bier in den Rucksack packen, wetterfeste Kleidung anziehen, raus aus Nykarleby laufen, irgendwo tief, tief, tief in den Wald gehen, in der Abenddämmerung irgendwo auf einen Elch warten, hoffen das kein Braunbär oder Wolf vorbeikommt, mit dem Elch ein Bier trinken, lebendig wieder heimkommen. Einfacher Plan! So laufe ich also von der Bushaltestelle aus dem Dörfchen raus, bis der Fußweg endet. Auf einer Karte auf meinem Handy habe ich ungefähr erspäht, wohin mich der Weg führen soll. Eine kleine Lichtung mitten im Wald, ca. 5 oder 6 Kilometer von Nykarleby entfernt. Nun war es so weit, ich ging in den Wald. Der Waldrand ist ziemlich dicht bewachsen. Baum an Baum, auf dem Boden Büsche und Beeren, ca. 800 Meter weit. Das habe ich mir einfacher vorgestellt. Schon nach ein Paar Metern war ich voller Laub, Schlamm und vor allem nass bis auf das letzte Kleidungsstück. Aber was solls - war mir schon klar, dass es nicht so einfach wird. Nach den besagten ungefähren 800 Metern wurde der Wald etwas lichter. Der Skandinavische Wald ist ganz anders, als der Deutsche. Wunderschöner Mischwald, Bäume aller Arten und allen Größen. Der Boden bedeckt mit großen Felsen, Beeren und so tiefem Moos, das man glaub man würde auf Wolken laufen. Ein absolut harmonischer Einklang der Natur – wunderschön. Ich schaute auf die Uhr, während ich versuchte leise durch den Wald zu pirschen. Es war mittlerweile 19:00 Uhr. Langsam sollte ich mir einen Platz zum Spähen aussuchen. Leider konnte ich noch keinen geeigneten finden, hier im Unterholz. Ich war auf der Suche nach einer Lichtung. Also ging ich weiter. Leise, aber zügig. Plötzlich, weit entfernt hinter den Bäumen entdeckte ich eine Wiese. Zudem roch es intensiv nach Tier - Jackpot! Leise pirschte ich mich her ran. Voller Neugier und um ehrlich zu sein auch etwas ängstlich. Immerhin werden manche Elche über 2 Meter groß und wiegen bis zu 800 Kg. Kleiner Randvermerk: In Alaska sterben jährlich mehr Menschen an den Folgen von Elchangriffen, als an den Folgen von Bärenangriffen. Während diese Fakten in meinem Hinterkopf herumirrten, erreichte ich die Lichtung und lief langsam, ungeschultem Fußes, Äste zertretend auf die Lichtung.- Über mir Hochspannungsleitungen, rechts neben mir Fuchsfarmen, zu hören war ein Auto das auf einer naheliegenden Straße fuhr. Mist, wäre ja zu einfach gewesen! Jetzt musste ich mich sputen, immerhin wollte ich nicht in absoluter Dunkelheit durch einen dichtbewachsenen Wald irren. Also schnell rein, in den gegenüberliegenden Wald und im Eiltempo in Richtung auserwählter Stelle. Wieder nicht einfach, dennoch wunderschön. Einzelne Abschnitte im naheliegenden Wald Nykarlebys sind vollends in Fels gebettet. Traumhafter Anblick und absolut empfehlenswert! Gelegentlich musste ich mich umdrehen, weil ich meinte etwas zu hören. Meistens war es mein Rucksack. Manchmal war ich mir aber nicht sicher. Die Uhr zeigte mittlerweile 20:00 Uhr und ich bin recht weit in den Wald hereingekommen. Zwar habe ich die erspähte Lichtung nicht erreichen können, dafür aber ein riesiges steinernes Bett mit nicht zu vielen und nicht zu wenig Bäumen. Zwar rechnete ich mir meine Chancen nicht hoch aus, hier einen Elch zu sehen, ich hielt es aber auch nicht für unmöglich. Also setzte ich mich ab, versuchte leise mein Bier zu öffnen und steckte mir eine Zigarette an, das Warten hat begonnen. Noch eine Zigarette länger, griff ich – wie es nun mal so ist als Opfer medialer Sucht – zu meinem Smartphone, um 1,2, oder auch 3 Leuten ein Foto zu senden. Akkustand zu diesem Zeitpunkt 45%, genug um mit der Karte heimzufinden. Nach ein paar Minuten griff ich wieder zum Handy, um Antworten anzusehen und von der einen zur anderen Sekunde, 0% Akku. Mist, ausgerechnet hier. Meine Armbanduhr zeigte 20:45 Uhr, langsam war nichts mehr mit Abenddämmerung, langsam setzte die Dunkelheit ein. Und ich hatte keine Karte, die mir den Weg wies. Also ging ich schnell wieder zurück in die Richtung aus der ich kam, im Eilschritt. Mit jeder Minute wurde es dunkler. Auf dem Weg stieß ich auf einen kleinen Weg. Kein wirklicher Weg, eher ein zufällig von der Natur gezeichneter Weg. Ein gelber Punkt an einem Baum zeigte mir aber, dass ich nicht der erste Mensch bin, der jemals hier war. Nun stellte sich die Frage, ob ich den gelben Punkten folgen soll, oder weiter querfeldein in ungefähr die Richtung gehen soll, aus der ich kam. Ich wusste nicht wo der Weg mit den Punkten mich hinführt, war mir aber sicher das es die Zivilisation sein wird. Nur wo? Die Gefahr mich zu verirren, beim querfeldein durch den Wald zu gehen war mir zu hoch, weshalb ich mich für die gelben Punkte entschied. Ein malerischer Weg. Von der Natur geschaffen, mit Steinen welche Treppen bildeten, Moos und Laub, das wie ein Teppich ausgelegt war. Als hätte der nordische Gott des Waldes mir wenigstens einen netten Abendspaziergang geschenkt. Fotos konnte ich leider nicht machen. Aber immerhin hatte ich die Götter auf meiner Seite. Mittlerweile schien durch die Baumkronen nur noch sehr wenig Licht, als ich an einem Baum einen Kasten entdeckte. Darin eine Karte und ein kleines Buch mit Namen, zur Verewigung der Wanderer (niemanden hat es jemals nach 16:00 Uhr hierhin verschlagen). Ich trug mich auch ein und fühlte mich ein bisschen wie Christopher Johnson McCandles. Nur verzichtete ich darauf, Max Supertramp zu schreiben, sondern schrieb meinen echten Namen. Nur für den Fall, dass die Suchtrupps schon hinter mir her sind. Danach widmete ich mich der Karte. Was ein Geschenk des Himmels.. ääh, der Götter. Leider spielten Diese mit mir. War so verschlissen das gute Ding, dass es mir wirklich nicht weiterhalf. Also Taschenlampe an und weiter geht’s. Nach einer Weile erreichte ich einen richtigen Weg. Ich entschied mich links zu gehen. Wusste zwar nicht, ob dieser nach Jakobstad führt, aber es sollte meiner Nase nach ungefähr die Richtung sein. Also auf geht’s. Wieder im Eilschritt. Auf diesem Weg entdeckte ich auch endlich mal ein Anzeichen von Wildtieren. Zwar nicht direkt, aber dennoch ein Hinweis – Hochsitze. Danach hatte ich eigentlich gesucht. Wo ist es sicherer und einfacher Wild zu sehen, als auf einem Hochsitz? Auf dem Weg bemerkte ich, dass alle 500m ein Schild am Waldrand stand, welches ausdrücklich darauf hinwies, nicht in den Wald zu gehen. Gefährliches Unterfangen, ich alter Abenteurer. Nach weiteren gefühlten endlosen Kilometern hörte ich endlich Autos. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich beeilte mich noch mehr. Doch dann – plötzlich kam etwas aus dem Gebüsch. Ungefähr 30 Meter vor mir. Ich blieb stehen, es blieb stehen. Wir schauten und an. Leider war es wenig interessiert an mir und verschwand schnell wieder im Gebüsch auf der anderen Seite. Es schaute – glaube ich – nochmal zurück, ich konnte dennoch nicht sehen was es war. Ich sah lediglich eine Silhouette ungefähr so groß wie ein großer Hund. Kein Geweih, keine 2 Meter Größe, kein Elch. Pech gehabt. Angekommen an der Straße bemerkte ich, dass es die Hauptstraße war. Ob es Die nach Nykarleby war wusste ich nicht ganz genau. Jetzt begann das wahre Abenteuer. Kilometermarsch bei Nacht auf der Hauptstraße. Zum Glück hatte ich meine Taschenlampe dabei und konnte die Autofahrer auf mich aufmerksam machen. Waren auch alle sehr nett. Haben zurückgegrüßt, mit Lichthupe und Hupe. Irgendwann sah ich am Horizont rote Lichter. Das konnte nur den Wasserturm von Nykarleby sein. Danke Götter. Danke für dieses Abenteuer.

Die Mission `Elchsuche` ist noch nicht abgehakt!

 

Tipp an alle Elchsucher in Skandinavien! Kompass nicht vergessen!

Das Wochenende:

Ziemlich schnell wurde meine Freude über das freie Wochenende getrübt. Ein Wochenende in Nykarleby, mein erstes Wochenende in Nykarleby und hier gibt es einfach nichts, was man machen könnte. Nach ewigem Rumsitzen und liegen entschlossen wir uns zum Panoramacafe zu gehen und einen Kaffee zu trinken, soll es kosten was es wolle. Schließlich bangen wir mittlerweile mit der Angst einen Dekubitus zu erleiden oder eine kahle Stelle am Hinterkopf zu bekommen oder Stereotypen zu entwickeln… weil wir so Gelangweilt waren und nur im Bett lagen. Kein neuer Instagram Beitrag ist uns gegangen ebenso kein neuer Facebook Beitrag, denn wir waren die ganze Zeit nur am aktualisieren der Startseiten unserer sozialen Netzwerke.
So zurück zum Panoramacafe, voller Tatendrang stürzten wir los, dort angekommen – geschlossen – öffnet erst wieder nächstes Jahr, super.
Handys wurden gezückt, Googlemaps wurde geöffnet, schlauer war niemand. Also irrten wir etwas ratlos in Nykarleby herum. Schließlich stießen wir auf einen Imbiss, von außen hat er nicht viel versprochen. Es kostete schon etwas Überwindung den Imbiss zu betreten, doch der Hunger siegte. Und es schmeckte wirklich gut – dort gehen wir nun öfters hin.(was sollen wir auch sonst machen)
Anschließend gingen wir noch Einkaufen, um am Abend ein leckeres Abendessen zu kochen – und es war wirklich sehr lecker. Am Abend haben wir uns noch mit höchstem Bildungsfernsehen gebildet und sind vor lauter Bildung und den zahlreichen Eindrücken die wir heute gesammelt haben, erschöpft in unsere Betten gefallen.


13.09.2019    

-    Desiree
Stille. So begann heute mein Tag. Philipp, Max und Ronja waren morgens alle in der Schule und so war ich den Vormittag ganz allein. Herr der Ringe-Time!

Um mit den Schülern ein Gesprächsthema zu finden, bin ich heute mit meinem Star Wars Pullover zur Arbeit erschienen. Und – Zack! Robin und ich hatten sogleich ein gutes Thema, über das wir reden konnten.
In meinem Dienst heute habe ich ein neues Kartenspiel kennen gelernt, bei dem es auf Geschwindigkeit ankommt. Elin hat es wirklich gut erklärt, es war meine gemütliche Art, durch die ich nur der dritte Sieger wurde (wir haben zu dritt gespielt). Danach habe auch ich ihnen ein neues Kartenspiel gezeigt. Grüße gehen raus an Papa, „50“ wird jetzt auch in Finnland populär.
Nach dem Abendessen durfte ich mit einigen Schülern ihren wöchentlichen Einkauf machen. *Wie Engelszungen gleichend singen:* Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da… Das bedeutet: Es hat geregnet. Und es war kalt. Und windig. Meine Beine waren nass. Aber naja, so ist das im Herbst. Die netten Gespräche mit den Schülern haben das Herz erwärmt ????.


-    Philipp
Endlich Wochenende. Der letzte Schultag der Woche stand an und ich musste zu Petter in den Holzverarbeitungsunterricht. Aber zuerst fand eine Versammlung der ganzen Schüler und Lehrer statt. Leider habe ich nicht verstanden worum es geht. Aber am Ende sangen alle Anwesenden „Hoch soll er leben“ auf Schwedisch für Max und eine andere Lehrkraft. Sehr überraschend aber eine schöne Geste.
Im Unterricht dann besprachen wir, wie man sich in einer Praktikumsstelle zu benehmen hat. Ein paar von den Schülern hatten nämlich eine Praktikumsstelle ergattert. Nicht auf dem 1. Arbeitsmarkt aber immerhin eine Stelle. Petter erzählte mir, wie wichtig ist das zu besprechen mit Lehrern, Eltern oder Freunden, um so die Schüler gut vorzubereiten und eine Festanstellung zu ermöglichen. Auch erzählte er mir, dass sie Schüler alle zwar kognitiv und motorisch sehr weit fortgeschritten sind aber dennoch sehr viel Unterstützung benötigten. Diese Unterstützung ist nur in beschützenden Werkstätten gewährleistet. Wir machten dann kurzerhand einen gemeinsamen Ausflug nach Larsmo zur zukünftigen Arbeitsstelle von Lukas. Petter, Lukas und der Werkstattleiter hatten ein kurzes Vorstellungsgespräch und der Rest der Truppe ging an den Strand. War zwar zu kalt zum Schwimmen aber sehr schön. Danach fuhren wir heim und ich unterhielt mich auf der Fahrt noch ein wenig mit Petter. Er erzählte mir von seinem Aufenthalt in Mosbach und seinem Segelausflug in Holland. Mit ihm kann man sich sehr gut unterhalten. In der Schule angekommen gab es erstmal Lunch. Danach ging es mit dem Unterricht weiter. Einer fertigte einen Kochlöffel, der andere einen Brotkasten und wiederum andere montierten ein Regal. Dabei durften die Schüler verschiedene Werkzeuge benutzen. Von der Schleifmaschine bis hin zu einer Standsäge. Diese gefährlichen Werkzeuge bedienten sie gewissenhaft und vorsichtig. In Deutschland eher die Ausnahme hier totaler Alltag. Selbsständig zogen sie sich ihre Schutzkleidung an und arbeiten sorgfältig an ihren Werkstücken. Das hat mich persönlich sehr fasziniert.
Nach der Schule feierten wir den Geburtstag von Max nach im Pub von Nykarleby. Das FAF sieht zwar von außen etwas mitgenommen aus, aber innen sehr schön. Freitags ist hier mäßig was los.

-    Ronja
Freitag der 13. … nicht weiter schlimm. Ich durfte heute morgen schon um 7:30Uhr meinen Tag beginnen, denn heute ging es für mich in die Schule, Hab mich sehr darüber gefreut, schließlich konnte ich so um 14:15Uhr das Wochenende einleiten. In den ersten beiden Stunden, durfte ich Anna beim Kochunterricht begleiten, es wurden gefüllte Hackfleisch Rouladen gekocht, dazu gab es Kartoffelgratin und eine Schokoladencreme.
Anschließend ging es mit Lena in dem Matheunterricht. Auch den restlichen Tag, bis 14:15Uhr, verbrachte ich mit Lena und ihrer Klasse.
14:15Uhr, die Klingel ertönte – Schule aus. Freitag, Wochenende!!!


-    Max
Der Freitag begann für mich im Textilunterricht. Dort arbeiten die Schüler und Schülerinnen an tollen Sachen. Die ganze Schule ist damit dekoriert. Der Unterricht begann mit dem theoretischen Teil. Materialien, Arbeitsschritte etc. wurden erfragt und aufgeschrieben. Heute wurde ein Topfuntersetzer gemacht. Natürlich jeder seinen Eigenen. Der Topfuntersetzer ist das erste Werkstück dieses Jahr und gut geeignet, um den Schüler/inne/n das Arbeiten mit der Nähmaschine beizubringen. Die handwerklichen Unterrichtsfächer arbeiten gemeinsam an einem Thema. Das heißt, dass die Klasse im Werkunterricht auch an Küchenutensilien arbeitet. Der Textilraum ist unglaublich gut ausgestattet. Dort ist alles, was interessierte sich wünschen! Von Nähnadeln aller Größe, über Nähmaschinen, bis zu mehreren riesigen Webrahmen. Für mich war es interessant, die didaktische Vorgehensweise der Lehrerin zu sehen. Auch der Ordner mit Bildern von Werkstücken der letzten Jahre, den sie mir präsentierte war interessant. Die Arbeit mit Textilien hat mich mein Leben lang allerdings nur am Rande interessiert, weshalb ich mich auf den zweiten Teil des Tages mehr freute! Ich war eingeteilt in Rolands Klasse, welche einem Haustechnischem Dienst ähnelt. Schüler um die 16-18 Jahre alt, welche zur Berufsvorbereitung Hausarbeiten aller Arten vornehmen. Die Schule hat der Klasse dafür alles was man sich vorstellen kann zu Verfügung gestellt! Vom Rasenmähertraktor, über Nüsse aller Größen, bis zum Schweißgerät. Räumlich verteilt auf eine große Garage, einer Halle für Gartenwerkzeug samt Fahrzeugen und einer Lackierkabine. Roland begann den Unterricht mit einer Vorstellungsrunde in Englisch. Wir schauten uns auf einer Europakarte an, wo wir alle wohnen, welche Hobbys wir haben und wie alt wir sind. Dies gab Stoff für Gesprächsgrundlagen. Anschließend wurde die Arbeit aufgeteilt. Man glaubt es kaum, aber ehe ich mich versah, waren die Schüler auf den Rasenmähern und an den Motorsensen – Wahnsinn, welches Vertrauen Roland den Schülern entgegen bringt. Chapeau Roland! Die Jungs arbeiteten alle recht selbstständig. Zeit für Roland und mich zum Reden. Neben netten Gesprächen über die besten Werkzeughersteller, unseren Traummotorrädern und anderem Kram, den vermutlich die wenigsten Leser interessiert, unterhielten wir uns auch über das worum es geht – die Arbeit. Roland möchte den Jungs in ihrer Zeit in der Schule so viel beibringen wie möglich. Das geht nur wenn man ihnen vertraut und sie selbst arbeiten lässt. Würden die Jungs nur mit der Heckenschere Äste abschneiden, während Roland daneben Bäume mit der Kettensäge fällt, hätte das keinen großen Lerneffekt. Und das im emotionalen sowie kognitiven und motorischen Kompetenzbereich. Also schult er sie richtig, achtet auf die Einhaltung der Sicherungsrichtlinien und lässt Sie machen! Und tatsächlich, selbst der Schüler, der keine Möglichkeit auslässt zu Spaßen, oder jemandem eins auszuwischen, ermahnt mich während wir gerade mit Motorsense bepackt zum Bäume ummachen gehen mit den Worten ;Max, bei dieser Arbeit ist Sicherheit sehr wichtig! Geh und hole dir Ohrenschützer!‘ Echt ein tollen Job den Roland da hat! Leider sehr selten. Seiner Aussage nach gibt es einen Job wie diesen in Finnland vielleicht 5x.

DO - 12.09.2019 

 Philipp
Auf den Unterricht heute habe ich mich schon die ganze Schulwoche gefreut. Auch wenn die Nacht ziemlich kurz war überwog doch die Vorfreude auf den Unterricht und nicht die Müdigkeit. Ich hatte heute Kök (Kochen) mit einer Frau mit dem wohlklingenden Namen „Barbro“. Vermutlich die schwedische Version von Barbara.
Der Anfang war etwas chaotisch, weil in letzter Minute die Gerichte noch geändert worden sind und noch etwas vegetarisches hergezaubert werden musste. Deswegen saß ich die erste Stunde auch nur am Tisch, während die anderen sich vorbereitet haben. Später aber lief es wieder rund und ich half Axel beim Zubereiten vom schwedischsten aller Gerichte. Köttbullar – Jeder kennt sie von einem großen Möbelhaus, aber im schwedischsprachigen Teil Finnlands Köttbullar zu essen ist wie in Baden-Baden zu baden. Das muss mal sein. Probieren kann ich aber erst morgen. Habe mir gleich mal das Rezept abfotografiert.
Dann kam der schrecklichste Teil beim Kochen.
Lebst du schon oder spülst du noch? Vergiss den amerikanischen Traum „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. Jetzt heißt der finnische Traum „Vom Tellerwäscher zum Heilerziehungspfleger“. Aber dank Elin (einer Schülerin) war es halb so wild.
In den letzten 20min des Unterrichts haben wir Theorie gemacht. Es ging um Paniertes. Voller Verwunderung stellte ich fest, dass ich größtenteils alles verstanden habe, was Barbro gesagt hat. Zwischendrin dachte ich sie redet jetzt Deutsch mit den Schülern, aber es war alles schwedisch.
Danach gings wieder nach Hause.


-    Desiree
Nach der kleinen Party, die wir bereits um Mitternacht (finnische Zeit) für Max geschmissen haben, weil dieser Geburtstag hatte, haben Ronja und ich gleich noch eine kleine Überraschung am Morgen vorbereitet, während Max und Philipp noch in der Schule waren. Zu gerne hätte ich gesehen, was Max zu der unübertrefflichen Deko, zu unserem deliziösen Mahl und natürlich dem Kuchen gesagt hätte. Es kann übrigens sehr lange dauern, bis man ein paar Spaghetti gekocht hat, wenn genügend Umstände gegeben sind.
Im Boardinghouse war der Ablauf des Tages ähnlich wie die Tage zuvor. Anders war allerdings, dass ein paar Jugendliche ins Fitnessstudio gingen. Nachdem ich sie bereits dort hinbegleiten durfte, hatte ich auch die Gelegenheit, mir eine Trainingsstunde anzusehen. Die Betonung liegt auf „ansehen“. Ansonsten hätten wir womöglich ein Sauerstoffzelt für mich gebraucht.
Mit den Mitarbeitern habe ich mich am Abend noch viel über die Unterschiede zwischen Finnland und Deutschland in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung geredet.
Alle drei Wochen treffen sich alle Lehrer und Mitarbeiter des Boardinghouses zur Sitzung, in der Aktuelles besprochen wird. Zusätzlich sehen sich die Mitarbeiter der Schule und der Wohngruppe täglich in der Schule, hier haben sie zusätzlich Zeit, um sich auszutauschen. Die Kommunikation läuft also super!
Nach Kaffee und Tee stand auch mein Feierabend vor der Tür. Notiz an mich selbst: Weißer Tee mit Grapefruit und Aloe-Armoa schmeckt nicht mal halb so gut wie es sich anhört.
Wider Erwarten hatten Max und Philipp den äußerst lecker aussehenden Kuchen noch nicht mal angeschnitten und so hatten Ronja und ich noch Gelegenheit, von diesem Meisterwerk zu kosten (und dann ein Viertel davon zu essen – jeweils…).

-    Max
Um 00:00 Uhr wurde ich von meinen Mitbewohner/inne/n mit einem kleinen Küchlein samt Geburtstagskerze überrascht. Im Luftschlangen-Bad versuchte ich ihnen zu erklären, dass es in Deutschland noch 23:00 Uhr ist und man nicht ins Ausland reisen darf, um eine Stunde früher Geburtstag zu haben – das ist geschummelt. Sie ließen sich nicht überzeugen. So nahm ich es also hin und machte ein Bier auf. Dann noch eins. … Am Morgen fiel es mir schwer aufzustehen. So ist das wohl mit 25. Die Knochen werden alt. Mein diesjähriger Geburtstag wird also in Finnland verbracht. Den Tag verbachte ich in Lenas Klasse. Am Vormittag stand eine Stunde von einem Schulfach welches ähnlich wie Erdkunde in Deutschland ist, auf dem Programm. Kombiniert jedoch mit aktuellem Weltgeschehen. Alles fortschrittlich an den Laptops. Handys waren auch erlaubt. Die Finnen haben wohl verstanden, dass dieses kleine Ding, welches mittlerweile der Großteil der Weltbevölkerung durchgehend bei sich trägt, aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken ist. Darüber ob das nun gut oder schlecht ist, mag ich in diesem Rahmen nicht philosophieren. Beachtlich finde ich jedoch, dass in der Schule nicht gegen die Handys gekämpft wird, sondern sie in den Unterricht integriert werden. Das Hilft den Schülern auf vielerlei Hinsicht. Vor allem im Hinblick auf die Zukunft. Es gibt immer mehr Technik, technischer Verständnis wird geschult. Nach dem – wie immer leckeren – Mittagessen war Mathe dran. Ich versuchte einem Schüler zu helfen, zum Glück hatte ich das Lösungsblatt. Auch nach dem Kaffee stand Mathe auf dem Stundenplan. Lenas Unterricht wird mit Hinblick auf die Schulung sozialer Kompetenzen, lebenspraktischer Aufgaben und den wehleidigen Themen wie eben Mathematik, welche aber dennoch wichtig sind um selbstständig klar zu kommen, gestaltet. Nach dem Unterricht unterhielten wir uns noch lange über vieles, was mit inklusiver Arbeit zu tun hat. Viele pädagogische, ökonomische und ethische Fragen zu dem Thema, welches sich die Finnen stellen, sind ähnlich den deutschen Fragen. Unterschiedlich ist, dass die Finnen beschlossenes einfach umsetzen. Und wie man hier merkt, setzen sie es wirklich um! In der Unterkunft wurde ich dann mit allem überrascht, was man sich an seinem Geburtstag so wünscht. Danke Ronja, Desiree und Philipp an dieser Stelle! Nur Ronja und Desiree fehlten. Die mussten ja arbeiten. Am Abend gab es noch ein Bier im Pub. Später in der Unterkunft noch eins. Und so weiter. Toller Tag, tolle Leute. Geburtstag in Finnland, kann man mal machen!

-    Ronja

Es ist Donnerstag, auch heute startete mein Arbeitstag erst um 14:15Uhr. Mein Wecker klingelte um 8:30Uhr, schließlich wollte ich heute ein richtig gutes Frühstück genießen. Die Zutaten für dieses ausgewogene Frühstück habe ich mir ja am Vortag teuer erworben. Lecker wars. Noch etwas war heute anders, Max ist nicht mehr 24Jahre alt sondern wurde über Nacht ein Jahr älter, allerdings nur kalendarisch.
Naja…um 13:40Uhr machte ich mich wieder auf den Weg zum Boardinghouse. Heute arbeitete ich wieder mit Theo und Lena. Um 16:00Uhr fuhr Lena, mich und ein paar Jugendlichen zum Fitnessstudio. Ich durfte nämlichen den Jungs beim Training zuschauen. Dort angekommen fühlte ich mich auch total fehl am Platz…naja da stand ich dann zwischen Hanteln und einem Laufband. Doch auf einmal ging die Tür auf, Desiree stand da. Auch sie durfte heute beim wöchentlichen Fitnesstraining zuschauen, welch ein Glück. Um 17:00Uhr wurden wir wieder von Lena abgeholt und fuhren zurück ins Boardinghouse, dort gab es dann auch Abendessen. Kurz darauf übte ich mit Nicklas, einer der Jugendlichen, ein bisschen Deutsch und er brachte mir ein paar Sätze in schwedisch bei. Dann spielte ich noch ein paar Runden Tischtennis mit einem der Jugendlichen… und ich glaube wir waren beide sehr überrascht darüber, wie („gut“) ich Tischtennis spielen konnte. Während im Boardinghouse der Kaffee und die Brote vorbeireitet wurden, durfte ich in den Feierabend.
Morgen geht es für mich in die Schule, denn die meisten der Jugendlichen gehen über das Wochenende nach Hause zu ihren Eltern.
Das heißt aber auch, früh aufstehen… naja, aber dafür habe ich schon um ca. 12:00Uhr Schule aus????

11.9.2019:
Philipp: Neuer Tag, neues Glück in der Schule. Endlich mal nicht dumm rum stehen und nichts machen dachte ich mir. Und so kam es auch. Endlich war mal wieder mehr Spannung im Schulalltag. Ich begleitete Veronica in Schwedisch, Finnisch, Physik & Mathe. In Deutschland würde ich bei einem solchen Stundenplan nur weglaufen wollen. Aber hier in der Optima Schule Nykarleby werden aus Hassfächern plötzlich Lieblingsfächer.
Im Schwedisch und Finnisch Unterricht, wurden die Kinder auf ihrem Stand abgeholt und individuell betreut. Dennis zum Beispiel konnte kaum Schwedisch geschweige den Englisch. Finnisch konnte er dafür als Muttersprachler sehr gut. Er wurde für kurze Zeit einzelbetreut und hat dann selbständig Schwedisch am PC gelernt. In Finnisch lernte er ebenso Schwedisch. Die anderen absolvierten einen Vokabeltest. Ich durfte am Ende Lehrer sein und benoten. Ich musste die Schüler abfragen. Ich habe abwechselnd schwedische und finnische Wörter abgelesen und habe dann jede richtige Antwort mit einem Punkt bewertet. Dabei hatte ich sichtlich Probleme Wörter bzw. Sätze wie „Hyvää päivää“ (Guten Tag) oder „sisäänkäynti“ (Eingang) zu sagen. Improvisieren war angesagt. Zuerst versuchte ich meinen guten Freund Google hinzuzuziehen. Dies wurde mir dann aber zu umständlich und ich zeigte den Schülern einfach das Wort auf dem Blatt Papier (natürlich ohne Lösung).
Im Physikunterricht machten wir das, wovor mich alle Erwachsenen gewarnt haben. Wir zündelten. Ja wir zündelten. Aber das alles mit viel Sicherungsvorkehrungen und 2 Lehrkräften. Aus irgendeinem Grund stand einfach 3m neben der Feuerstelle eine Flasche Rapsöl. Die habe ich vorsichthalber mal entfernt, um den Fall der Fälle auszuschließen. Alles ging dann natürlich gut und wir experimentierten wie leicht entflammbar Stoffe sind. Dies hatte den Hintergrund, dass man den Schülern zeigen wollte, welche Kleidung bei Feuer am ungeeignetsten ist. In Mathe haben wir dann eine Rechnung aufgedröselt und in 7 verschiedene Personen unterteilt. Diese Produkte haben wir dann herausgesucht und in eine Tüte verpackt.
Nach Feierabend stand heute mal eine ruhige Kugel schieben auf dem Plan. Ich lief durch Nykarleby und entdeckte einen Steg, der zwar etwas wackelte aber stabil war, und dort habe ich ein wenig Zeit verbracht.
Desiree: Zum Frühstück, das übrigens sehr vielfältig meinerseits ausfällt (Brot mit Marmelade, Marmelade mit Brot, außerdem Marmeladenbrot), habe ich heute mal was ganz Neues probiert: Marmeladenbrot mit Erdnussbutter – natürlich crunchy. Danke Ronja an dieser Stelle.
Mein Arbeitstag begann heute ganz so, wie es sich für Praktikanten gehört: Ich durfte für den Wochenplaner der Wohngruppe Wörter wie „Innebandy“, was eine Sportart ähnlich wie Hockey ist und „Ridning“ was sich gut aus dem Englischen („riding“) ableiten lässt, ausschneiden. Mein schwedischer Wortschatz wird also stetig ausgebaut. Mein Arbeitstag ging dann ganz so weiter, wie es sich für Praktikanten gehört: Nach dem Aussaugen des Büros, der Wäschekammer und der Mitarbeiter-Toilette folgte das Auswischen des Büros, der Wäschekammer und der Mitarbeiter-Toilette.
Wie bereits gestern haben wir einem der Schüler beim Kochen in seinem eigenen Apartment geholfen. Dazu gehört das Anleiten und unter anderem das Vor- und Mitmachen. Weil heute Putztag war habe ich den Schülern meine Hilfe angeboten. Jeder räumt sein Zimmer also auf, saugt und wischt anschließend einmal nass durch. Nach dem Abendessen kamen dann die Schüler mit Mitarbeiter und Ronja vom anderen Boardinghouse zu Besuch. Als dieser wieder gegangen ist wurde ich noch zu einem Spiel eingeladen, dessen Name mir entfallen ist. Ich muss wohl gut gewesen sein (oder vielleicht haben sie das auch nur aus Mitleid gesagt), aber ehrlich gesagt hatte ich bis nach Spielende und darüber hinaus keine Ahnung, was ich überhaupt tat. Ich würde allerdings trotzdem behaupten, dass ich mich wacker geschlagen habe. Nach obligatorischem Kaffee und Tee wurde ich dann in den Feierabend verabschiedet, aber nicht ohne Leihgabe… Fortsetzung folgt.

Max: Für mich stand heute Kochen auf dem Stundenplan. Nach einem Kaffee mit den Lehrkräften ging es für mich in die Lehrküche. Dort lernte ich Anna kennen. Sie unterrichtet schon seit 30 Jahren Menschen mit Behinderung und strahlt eine Aura aus, bei der man sich sofort wohlfühlt! Die Schüler in Annas Klasse kannte ich schon von gestern – auch alle sehr nett, ich freute mich! In Deutschland arbeitete ich ein paar Jahre in einer Förderschule mit Schwerpunkt geistiger Entwicklung. Schon da war mir der Kochunterricht am liebsten. Der Arbeitstag konnte also nur gut werden. Zu Beginn teilte Anna Rezepte in leichter Sprache aus. Für mich war die Sprache nicht leicht. Umso froher war ich über die einfache Visualisierung der Arbeitsschritte. Auf dem Speiseplan standen Köttbullar, Kartoffelbrei und Knäckebrot. Was auch sonst? Dazu wurde Salat und frischer Schokoladenpudding gemacht. Anna teilte die Schüler kompetenzorientiert den Gerichten zu. Und schon ging es los mit der Arbeit. Schließlich war es auch schon 09:15 Uhr und um 10:45 Uhr gibt es ja Mittagessen. Also ran an die Töpfe und Pfannen! Ich half einer jungen Frau mit Trisomie 21 beim Pudding kochen. Sie spricht kein Wort deutsch oder englisch. Ich kein Wort finnisch oder schwedisch. Dennoch erreichten wir unser Ziel, wortlos. Ein tolles Gefühl zu merken, dass mit einem ehrlichen Lächeln genauso viel erreicht werden kann, wie mit tausenden Worten. Und mit dem Lächeln kann man nicht mal was falsch machen. Die Schülerin war eher von gemütlicher Gesinnung. Ich auch, das passte! Beim Spülen wurde es dann sehr gemütlich. Sie spülte, ich trocknete ab. Während die Schülerin dafür sorgte, dass die Bürste sanft über den mit Milch und Kakao eingebrannten Boden des Kochtopfes glitt, beobachtete ich wie sich das Wasser am Wasserhahn sammelte, langsam zu einem Tropfen wurde und in das regungslose Spülwasser tropfte. Es dauerte 12 Sekunden bis sich ein Tropfen bildete, ca. eine halbe Sekunde vom Wasserhahn in das Wasser. Das schöne war, dass es in Annas Unterricht egal ist, wie lange jemand für etwas braucht, ob man zu schnell ist, zu langsam, ob man gerade müde ist, oder etwas anderes im Kopf hat. Anna traut den Schüler/inne/n zu, dass sie am Ende das erreichen, was sie erreichen möchten und was gegebenenfalls die Mitmenschen erwarten. Egal ob jemand gerade müde ist und sich während des Unterrichts für 30 Minuten hinlegt, oder zeitweise zu viel am Handy hängt. Die Schüler/inne/n genießen ihre Freiheiten und sind dafür komplett bei der Sache, wenn sie merken das sie nun gebraucht werden, oder etwas von ihnen verlangt wird. Im Anschluss an das Aufräumen folgte noch eine Theoriestunde. Die Schüler haben die Namen von Küchenutensilien gelernt. Sie lernen wirklich alle Küchen Utensilien. Von manchen, wusste ich die Namen in deutsch nicht mal und bitte in der Küche eher darum ‚‚mir mal das `Dings` zu geben‘, als darum nachzudenken, ob das `Dings` einen Namen hat. Naja, jetzt weiß ich, dass das Dings mit den Dingern vorne dran auf schwedisch Skumbildare heißt. Vielleicht frage ich das nächste mal danach. Nach Schulende hatte ich noch eine sehr nette fachliche Unterhaltung mit Anna – zu viel, um es ausführlich zu berichten, aber eins ist sicher, den Schüler/inne/n geht es dort sehr gut. Nachdem ich mir noch ein paar Visualisierungen in Fachbüchern für den Kochunterricht angesehen habe, welche mir Anna gezeigt hat, ging es auf den Weg in die Unterkunft. Ich habe darüber nachgedacht heute Rentiergulasch zu machen. Die Bilder in den Büchern haben mir ja gezeigt wie es geht. Aber besser nicht, bevor wir es uns ganz mit dem Weihnachtsmann verscherzen. In der Unterkunft stand heute bis auf Bier in der einen und Lektüre in der anderen Hand nicht mehr viel an.

11.9.2019 (Ronja):
Mein Tag begann völlig unspektakulär um 9:30 Uhr. Desiree und ich beschlossen gemeinsam einkaufen zu gehen – wie jeden Tag… Im Laden angekommen beschloss ich, heute beim Einkaufen nicht aufs Geld zu achten, sondern das einzukaufen auf was ich Lust habe. Joa, was soll ich sagen, Knäckebrot, Tomaten, Pesto, Bananen, Haferflocken und Joghurt für gute 35 €. Naja gut, an der Kasse musste ich dann auch feststellen, dass meine Bankkarte für das Ausland nicht freigeschaltet ist – zum Glück war Desiree dabei.
Um 13:35 Uhr machte ich mich wieder auf den Weg zur Arbeit. Viel zutun gab es heute nicht bei mir auf der Arbeit. Ich räumte mit Nicklas, einer der Jugendlichen der dort wohnt, sein Zimmer auf. Und dann gab es auch schon wieder Abendessen, pünktlich um 16:30 Uhr. Nachdem die Küche aufgeräumt war, gingen Ingrid (eine Betreuerin im Boardinghouse) und ich, mit ein paar Jugendlichen los. Schließlich stand heute ein Besuch im anderen Boardinghouse statt. Dort angekommen, traf ich auch auf Desiree. Wir verweilten dort bis um 19:30 Uhr, sodass wir wieder rechtzeitig um 20 Uhr zurück sind, um Kaffee/Tee zu trinken und noch eine Kleinigkeit zu essen. Für mich endete hier mein Arbeitstag und ich durfte Feierabend machen.

10.9.2019  – Nykarleby
Wie dem Bericht des Vortages zu entnehmen ist, haben sich unsere Wege heute getrennt. Philipp und Max mussten früh aufstehen, um die Schulbank zu drücken. Desiree und Ronja durften länger schlafen, denn die Dienste im Boardinghouse beginnen natürlich dann, wenn die Schüler nach Hause gehen. So mussten Ronja und Desiree erst um 14 Uhr auf der Arbeit sein. Blöd für die Gruppe, weil wir vier uns erst am Abend sehen. Gut für die Arbeit, weil es in allen Bereichen echt Spaß macht und wir so die meisten Erfahrungen sammeln können. Außerdem entsteht im Gemeinschaftsbad kein Stau am Morgen.
Nach einer Woche tauschen wir die Arbeitsstellen.
Philipp: Heute hatte ich den ganzen Tag Fastighet mit Roland und den anderen Jungs. Da ich schon gestern mit Max zugeschaut habe, wusste ich so ungefähr was mich dort erwartet. Diesmal war ich von Anfang an dabei. Es fing locker mit einer kleinen Vorstellungsrunde an. Jeder hat ein bisschen von sich erzählt und Nicklas hat dabei sehr viel Leben in die Runde gebracht. Mit seinen deutschen Schimpfwörtern erntete er viele Lacher von Roland und seinen Mitschülern.
Danach fingen wir auch schon an zu arbeiten. Die Türen wurden noch fertig gestrichen. Danach war sauber machen angesagt und Jonas mähte den Rasen. Dies faszinierte mich schon ein wenig. Jonas benutzte einen Rollator um sich fortzubewegen. Er konnte zwar ein bisschen laufen aber sehr mühselig. Um auf den Rasenmähertraktor zu kommen, brauchte er etwas Hilfe von Roland. Aber als er dann auf dem Rasenmäher saß, fuhr er wie Schumi durch den Schulgarten. Selbstständig, gewissenhaft und ziemlich präzise mähte er das Gras. Spaß hatte er dabei sichtlich auch.
Negativ war allerdings, dass ich kaum was machen durfte. Hauptsächlich habe ich zugeschaut und ab und zu mal ein Klebestreifen abgemacht oder etwas getragen. Der Vormittag war von daher auch sehr langweilig.
Nach der Schule machten Max und ich noch einen Ausflug nach Jakobstad. Dort gingen wir durch die Stadt und haben uns am Ende noch an den Hafen gesessen. Es war traumhaftes Wetter und es war sehr ärgerlich, dass wir unsere Badesachen nicht dabei hatten. Kurz darauf ging es heim und wir ließen noch den Abend ausklingen.
Ronja: Mein Arbeitstag begann heute erst um 14 Uhr, also habe ich mich morgens dazu entschlossen den Wecker um 8 Uhr doch nochmal auszumachen und noch eine kleine Runde zu schlafen. Um 10 Uhr startete ich mit einer gemütlichen Dusche in den Tag. Nachdem dann recht schnell die Langeweile eintraf, beschloss ich vor lauter Verzweiflung die Zimmer zu fegen und das Badezimmer etwas zu putzen. Um ca.13 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Boardinghouse. Dieses Mal etwas nervöser als am Montag…
Schließlich war ich alleine, kannte die Betreuer die dort arbeiten noch nicht, wusste noch nicht so richtig wie das mit dem Verständigen funktioniert. Denn ich musste am Montag mit Erschrecken feststellen, dass die Jugendlichen mit Behinderung besser Englisch sprechen als ich. Doch schon als ich das Boardinghouse mit dem Betreuer gemeinsam betrat, waren alle Gedanken weg. Ein wunderschönes Boardinghouse…der Anblick erinnerte mich an die Ferienhäuser in Dänemark in denen ich bisher schon war.
Nach und nach trafen die Jugendlichen ein, manche kamen von der Schule nebenan, manche aber waren in Jakobstad arbeiten. Ich putzte gemeinsam mit einem der Jugendlichen sein Zimmer und um 16:30Uhr gab es dann auch schon Abendessen, ja richtig gelesen…. Es gab um 16:30Uhr Abendessen.
Nach dem gemeinsamen Abendessen fing ich an, mit ein paar eine Runde Skibo zu spielen. Auf einmal füllte sich das Haus, das andere Boardinghouse kam zu Besuch. Um ca. 20 Uhr wurde Kaffee und Tee gekocht. Es hatten alle nochmal die Möglichkeit einen Kaffee/Tee zu trinken und sich ein Brot zu schmieren. Für mich ging es dann um 20 Uhr in den Feierabend. Mit wundervollen Eindrücken lief ich den ca. 20 Minütigen Weg zurück zur Unterkunft.
 
Desiree: Hjortongränd, 13:53 Uhr. Sieben Minuten vor Dienstbeginn komme ich also auf den wunderschönen Platz vom Boardinghouse mit lauter roten, aneinander liegenden Häusern mit weißen Haustüren, kann es kaum erwarten, bin voller Tatendrang und dann ist da … erst mal gar nichts.
Weil ich keine Ahnung habe wo ich mich melden soll, warte ich einfach inmitten der Häuser auf einen Menschen, der so aussieht als würde er sich auskennen und ja – es sah genau so bescheuert aus wie man es sich gerade vorstellt…
Eine gefühlte Ewigkeit später – höchstwahrscheinlich waren es nicht mehr als fünf Minuten – kam dann auch eine Mitarbeiterin. Sie hat mich freundlich empfangen und mir die Appartements gezeigt. Ein paar Schüler leben allein in voll ausgestatteten kleinen Wohnungen und andere noch in einer Gruppe, in der man sich Badezimmer, Wohnzimmer und Küche teilt. Auf der Gruppe leben die Schüler zumindest im ersten Jahr, um sie auf das Leben im eigenen Haushalt vorzubereiten. So und dann kamen auch bald die Schüler.
Gerade mal eineinhalb Stunden nach der Hobbit’schen Mahlzeit „Afternoon Tea“ , also 16:30 Uhr gab es schon Abendessen, was mich als Quasi-Hobbit sehr erstaunte, weil diese nach der gerade genannten Uhrzeit noch ganze zwei Mahlzeiten zu sich nehmen. Nach dem Abendessen sind wir mit den Schülern, die Lust hatten zu Aminne, dem anderen Boardinghouse gelaufen, sodass sich die Freunde (und vielleicht auch die Mitarbeiter) treffen konnten.
Gegen 20 Uhr waren wir zurück. Pünktlich zu Kaffee und Tee. …Also doch… Wer wollte konnte sich noch ein Brot schmieren oder Kuchen essen.
Mein Fazit nach dem ersten Tag im Boardinghouse: Ich finde das Konzept sehr gut. Die Schüler werden erst in der Gruppe, dann im Einzel-Apartment gut darauf vorbereitet, eines Tages ihren eigenen Haushalt zu führen. Dabei können sie sich jederzeit an Mitarbeiter wenden. Selbstbestimmung und Individualität stehen auf der Tagesordnung. Außerdem mein Fazit: Ich sollte dringend mein Englisch auffrischen…
Max: Heute Morgen habe ich mich bemüht, meinem Wecker nicht die Möglichkeit zu geben, mich in fünf Minuten nochmal zu erschrecken. Ich dachte, ich hätte es nicht geschafft! Dann jedoch habe ich mich daran erinnert, wo ich bin und was heute ansteht. Finnland, Outdooraktivität und das im Rahmen von Schulunterricht. Danach war ich schnell im Badezimmer. So schnell, dass ich mein Handtuch vergessen habe. Hab’s erst nach dem Duschen gemerkt. Als ich es dann geholt habe, konnte ich wenigstens meinen Wecker ausmachen, der neben dem Bett klingelte. Ronja erzählte mir am Vortag schon, was heute für mich ansteht. Die Klasse in der ich eingeteilt war, fuhr in den Wald vor Jakobstad, am Ufer des Meeres, wo ein kleines Quiz, ein Spaziergang und Essen von und am Feuer anstehen sollte. Ronja hatte im Kochunterricht das Glück das Essen vorzubereiten, ich hatte das Glück es zu essen. Finnland bietet mehr kulinarische Köstlichkeiten, als Pizza und Rentierkebap! Nach einem Kaffee mit den Lehrer/inne/n haben wir das Auto beladen. Ein Schüler freute sich sehr, sein Englisch aufzubessern und fing schon am Morgen an, mir die ein oder andere Frage zu stellen. Am Tagesende wusste er alles über mich. Nächste Woche sind wir zum Computerspielen verabredet. Ich konnte bei Kerstin im Auto mitfahren. Der Schüler saß natürlich neben mir. Während der Fahrt hatte ich nebst dem Genuss der wunderschönen finnischen Landschaft die Möglichkeit, mit Kerstin über die Arbeit und das Leben in Finnland zu sprechen. Ich erfuhr, dass die Schüler nach Beendigung der Schule die selben Probleme haben, wie die Schüler mit Behinderung in Deutschland – einen Arbeitsplatz zu finden. Das gute an der Schule in Nykarleby ist, dass es eine Angestellte in Vollzeit gibt, die tagtäglich quasi durchgehend am Telefonieren ist, um für jede/n einzelne/n Schüler/Schülerin einen Arbeitsplatz zu finden, der den Ansprüchen der betroffenen Person gerecht ist. Da könnte sich die Ein oder Andere Förderschule in Deutschland mal ein Stückchen abschneiden! Wir fuhren an einer Fuchsfarm vorbei. Leider ein Wehmutstropfen im idyllischen Nykarleby. Tausende Füchse, in Käfigen, in denen sie sich kaum bewegen können, warten darauf nach Russland exportiert zu werden, um als Pelzmantel zu enden. Ich wollte mir deswegen aber den Tag nicht vermiesen, weshalb ich den Gedanken verwarf in der Nacht alle Füchse zu befreien und mit nach Deutschland zu nehmen. Dagegen hätte  sowieso der Zoll am Frankfurter Flughafen etwas einzuwenden. Vermutlich auch die Hühner meiner Schwester und meines Schwagers. Angekommen im Wald kurz vor Jakobstad suchten wir erstmal den Strand auf, während ich auf englisch gefragt wurde, welche mir die liebste finnische Band sei, die in den letzten Zehn Jahren beim Eurovision Songcontest aufgetreten war. Bei dieser Frage musste ich den Schüler leider enttäuschen. Es gab dieses Mal keine Antwort. Nachdem sich alle Schüler am Strand ausgetobt hatten – es machten wirklich alle einen überaus glücklichen und zufriedenen Eindruck – und ich auch mal mit den anderen Schüler/inne/n ins Gespräch gekommen bin (ich bin nächste Woche nochmal zum Computerspielen verabredet), gingen wir zur Waldhütte, wo ein schönes Lagerfeuer auf uns wartete. Nach einem kleinen Naturquiz, welches spielerisch das Verständnis des Unterrichtsstoffs der vergangenen Unterrichtseinheiten prüfte (auch so kann Klausuren schreiben gehen), wurde auf dem Feuer Brot gemacht, anschließend Bratkartoffeln, dazu gab es Salat und als Nachspeise Obst mit weißer Schokolade vom offenen Feuer – danke Ronja! Schnell verging die Zeit, so fuhr ein kleiner Bus und zwei Autos voller augenscheinlich wirklich glücklicher Schüler/innen und Lehrerinnen samt mir zurück in die Schule. Verabschiedet wurden wir von einem Adler, der nicht weit über unseren Köpfen flog, als wir in die Fahrzeuge einstiegen. Bevor die Schulglocke läutete, suchte ich noch den besagten Schüler auf - Lordi…:D
Was für ein Arbeitstag!  
 
9.9.19  – Nykarleby
Wir sind sicher! Drei Tage lang stellten wir uns folgende Frage: ‚Erleiden wir in drei Wochen Finnland aufgrund der hohen Lebensmittelpreise den Hungertot? Oder gehen wir doch das Risiko ein, nach Wiederankunft in Deutschland in unseren jungen Lebensjahren eine Privatinsolvenz anmelden zu müssen?‘‘ Nun endlich – Sicherheit! Auf der Suche nach etwas Essbarem fanden wir ihn, während wir hungrig, auf allen Vieren kriechend, die Geier über uns kreisend durch Nykarleby krochen. Ein italienischer Pizzabäcker der in Hannover lebte, bevor er in das Örtchen Nykarleby zog, wo er eine Pizzeria eröffnete. Sehr gute Pizza zu sehr fairen Preisen. Dazu ein gratis Salat und als Geschenk für die vier Deutschen mit sozialen Zielen eine Flasche Limonade gratis dazu. Was für ein Geschenk des Himmels! So konnten wir an diesem Montag gemütlich mit einem erfrischenden Getränk in der Hand und einem Stück Pizza in der Anderen den Abend genießen und anschließend beruhigt in die Betten fallen.
Aber Halt! Die wirklich gute Erkenntnis des Tages möchten wir nicht vorenthalten – wir hatten unseren ersten Arbeitstag! Pünktlich um 9 Uhr trafen wir in der Schule für Menschen mit Unterstützungsbedarf ein. Dort erwartete uns Kristina, und wir fühlten uns gleich willkommen. Sie führte uns in ihr Büro, wo wir eine detaillierte Powerpoint-Präsentation über die Schule mit dem schönen Namen ‘Yrkesträningsskolan Optima (versucht es ruhig mal auszusprechen)‘ erhielten. Die Schule ist europaweit bekannt, für ihre fortschrittliche Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung und deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt – Sie erhielt dafür 2016 sogar eine Auszeichnung aus Brüssel, als beste Förderschule Europas. Nach der Präsentation führte uns Kristina durch die Schule, wo wir schon den/die einen oder andere/n Schüler und Schülerin sowie Lehrer und Lehrerin kennen lernten. Nach der Führung gab es erstmal Mittagessen. Übrigens werden wir in der Schule mindestens so gut umsorgt, wie bei unserem neuen Freund dem Pizzabäcker. Am Morgen gibt es Kaffee, um 11:00 Uhr gibt’s Mittagessen, danach einen Kaffee. Um 12:45 Uhr gibt’s dann endlich Kaffee und Kuchen. Alles selbstverständlich gemeinsam mit den Schülern. Nach dem Kaffee ging es dann endlich in den Unterricht. Philipp und Max in einer Klasse, Ronja und Desiree in jeweils Einer. Darauf wollen wir gar nicht genau eingehen, denn das werden wir die nächsten Tage mit Sicherheit noch. Eins ist jedoch zu sagen und das ohne groß drum herum zu reden. Wir haben einen sehr guten Eindruck! Für den Rest der Woche werden Max und Philipp in der Schule arbeiten, jeder in einer anderen Klasse. Ronja und Desiree arbeiten in den Beiden Appartements, wo manche der Schüler wohnen, diese nennen sich Boardinghouse.

6. bis 8.9.19:
Um 11:50 Uhr ging es für uns – Ronja, Philipp, Desiree, und Max – los. Unser Flieger startete und nach einer Flugzeit von zweieinhalb Stunden kamen wir voller Freude in Helsinki an. Vom Flughafen aus ging es direkt mit dem Zug ins Zentrum der Stadt, wo unser Hotel lag. Nachdem wir eingecheckt haben und uns in unserem Zimmer ausgebreitet haben, machten wir uns auf den Weg zum Hafen. Dort angekommen stießen wir direkt auf die alte Markthalle, welche uns in die kulinarische Welt Skandinaviens verführte. Eines der besonderen Gerichte war ein Rentierkebap, der natürlich sofort probiert wurde. Hat auch nur 12 Euro gekostet, das gute Ding. Mit vollen Mägen und der Angst, dass der Weihnachtsmann uns dieses Jahr nicht aufsuchen wird, beschlossen wir eine Inseltour auf einem Schiff zu machen – war sehr schön, bis uns der starke skandinavische Wind packte und wir nach einem heißen Sommer in Deutschland endlich wieder wussten was es heißt, richtig zu frieren. Als das Schiff sich wieder dem Hafen näherte, näherte sich auch der Geruch von frischem Blei-Benzin – lecker! Wir wurden begrüßt von hunderten Oldtimern, einer Rock ‘n Roll-Band und vielen, vielen Menschen bester Laune! Zu unserem Glück fand an diesem Abend das monatliche Classic-Car-Meeting statt. Wirklich faszinierend, was in Finnland so alles eine Straßenzulassung bekommt.
Am nächsten Morgen schauten wir uns zwei wunderschöne Kirchen an und gingen danach nochmal an den Hafen. Dort schlenderten wir über den Handwerksmarkt, welcher täglich von 8 - 17 Uhr stattfindet. Anschließend holten wir unser Gepäck aus dem Hotel und liefen entlang des Helsinki-Tough-Viking-Laufs gemütlich zum Bahnhof, während neben uns moderne Vikinger versuchten, ihren Urahnen alle Ehre zu machen. Wir setzten uns schnell in den Zug zum Flughafen, bevor wir mitmachen mussten. Außerdem ging unser Flug nach Kokkola um 16:55 Uhr…. Eigentlich… Dieser hatte nämlich zwei Stunden Verspätung. Um 20:30 Uhr sind wir endlich in Kokkola angekommen. Dort wurden wir herzlich von Kristina in Empfang genommen, welche uns mit dem Auto nach Nykarleby in unsere Unterkunft fuhr. Auf dem Weg machten wir noch einen kleinen Halt in einem Supermarkt, wo wir uns für das Frühstück am kommenden Morgen eindeckten. Von den Lebensmitteln hatten wir jedoch nicht lange etwas. Am Abend überkam uns der Hunger. Zum Glück haben die Supermärkte in Finnland auch Sonntags auf!  
Wir gingen Sonntagmorgen erstmal einkaufen, um uns nochmal mit Lebensmitteln einzudecken. Anschließend wollten wir ans Meer laufen, welches etwa 4 Kilometer entfernt von unserem Studentenwohnheim ist. Uns wurde geraten, wegen den Bären und Wölfen nicht durch den Wald zu laufen. Natürlich liefen wir durch den Wald – unabsichtlich. Wir haben es überlebt. Das große, weite skandinavische Meer haben wir aber nicht gefunden. Aber Hauptsache etwas Wasser und Strand. Am Abend besuchte uns Maria. Sie arbeitet in der Kristliga Folkhögskolan, der christlichen Volkshochschule und ist unsere Ansprechpartnerin, für unsere Unterkunft. Nach einer netten Führung und ein paar netten Worten sowie der erleichternden Erkenntnis über den Standort der Waschmaschine, legten wir uns erfreut darüber, dass die Bären uns nicht erwischten in die Betten und freuten uns auf den ersten Arbeitstag am morgigen Tage.

 

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